Frau Life Science hat einen Mann, den Lifescientisten, den es des beruflichen Fortkommens wegen nach New York verschlägt – und natürlich kommt sie mit, samt dem Forschernachwuchs, dem frisch geborenen Baby. Doch New York ist kein Kinderspiel. Man lebt, wie die meisten hier, auf engstem Raum, von einem viel zu kleinen Gehalt, in einer Umgebung, in der ständig irgendetwas kaputt geht. Drei Jahre lang.
Die Abwesenheit von Natur und deutschen Taschentüchern, die erschöpfenden Ausflüge zum Aldi Food Market und das pausenlose In-Beziehung-Sein mit dem Kleinkind wären für Frau Life Science wohl kaum zu ertragen, wären da nicht die Expatmamas: ein loser, aber engagierter Zusammenschluss all der Frauen in derselben Situation. Anfangs empfindet Frau Life Science die banalsten sozialen Interaktionen noch als ungeheuer anstrengend. Doch die Expatmamas würfeln die Kulturen ähnlich energisch zusammen wie die Toddler ihr Spielzeug und erzeugen so genau die Wärme, die man hier dringend braucht.
Und die Stadt hat auch ihre schwerelosen Momente. Niemand findet etwas dabei, wenn der Forschernachwuchs den ganzen Tag Schlafanzug trägt – auch Erwachsene laufen ja mitunter recht unkonventionell herum. Es gibt Museen, die ganz gewöhnliche Erde ausstellen oder einzelne Cornflakes oder die zufällig letzten Textnachrichten vor einem unerwarteten Tod. Und der Besuch eines altbekannten Films im Freiluft-Kino wird zur intensiven Erfahrung.
Die besten Texte kommen übrigens ganz hinten: die Szenen im Bengalischen Barber-Shop zum Beispiel. Oder die Misshandlung einer Mutter durch ihr Kind. Oder die Hommage an „Carrying on“, eine Installation sachenschleppender New Yorker in Manhattan. Das Buch ist aus einem Blog entstanden, den Frau Life Science vor Ort in die Welt schickte – auch das ein kluger Überlebensschachzug.
Rena Blessing, Mama allein in New York. 104 Dinge, die ich dabei gelernt habe. BoD, 12,99 €