Reaktionen, Presse

Von Ingrid Menzel, Buchhändlerin

Eine Familie in den Wirren des Krieges und im Ringen um ihren Zusammenhalt, auch im Leben danach…

Kurzmeinung: Ein tiefgründiges und lebendiges Portrait einer Familie während des 2. Weltkrieges und der Nachkriegszeit

Sylvia Schmieder, Jahrgang 1966, studierte Germanistik, Musikwissenschaft und Philosophie in Freiburg/Breisgau, wo sie auch heute lebt. Es ist ihr zweiter Roman, den sie uns hier vorlegt, ein Roman, den man nicht so einfach „verschlingt“, sondern der sich eher als Reise durch ein wunderbar literarisch-poetisches Kunstwerk versteht.
Wir werden durch zwei Zeitebenen geführt, in zwei Erzählsträngen, die miteinander verbunden sind Dabei geht es um zwei Frauenfiguren, Mari und Claudia, jede in ihrer eigenen Welt, mit ihren eigenen Bezügen zur Realität, jede zu ihrer Zeit.. Man spürt den Sog, dass sie was miteinander zu tun haben, ahnt es vielleicht auch schon, in welcher Weise, und lässt sich schließlich darauf ein, des Rätsel lösen zu wollen…
Claudia erlebt die 70er Jahre erst als kleines Mädchen, dann als ziemlich unglücklicher Teenager, der zu Hause bei den Eltern nicht gehört und gesehen wird, und versucht, durch Tagebuchschreiben mit sich selbst klarzukommen. Ihre beste Freundin stirbt in einer kritischen Phase ihres Lebens, wodurch sie einen festen Halt in ihrem Leben verliert. Ein Sehnsuchtsort ist für sie das Haus ihrer Großeltern, wo die Großmutter eine Schlüsselrolle spielt. Oft kommen dort Familie und Verwandte zusammen, die Claudia zwar nicht alle geheuer sind, aber die ihr auch ein Stück Sicherheit geben.
Mit Mari, der Hauptprotagonistin des Romans, werden wir in die vierziger Jahre zurückversetzt. Sie stammt aus dem Dreiländereck Österreich-Ungarn-Slowakei und ist ihrem Mann Ludwig 1939 nach Deutschland gefolgt, in Gedanken aber in der Heimat geblieben. Ludwig ist sehr zielstrebig und hat in Frankfurt eine Hausschuhfabrik aufgebaut. Der Krieg rückt näher, die NS-Ideologie überrennt das Land, und die Fabrik steht fast voe dem Aus, weil dort ja kein Kriegsmaterial hergestellt wird. So meldet sich Ludwig als Freiwilliger bei der Waffen-SS , fest davon überzeugt, mit bestem Wissen und Gewissen alles für Deutschland getan zu haben, was in seiner Macht steht. Schon nach kurzer Zeit wird er verpflichtet und muss an die verschiedensten Schauplätze einrücken, erst als Kurier und Berichterstatter, später wohl auch an der Front. Mari steht dem Ganzen entsetzt gegenüber und bleibt mit den Kindern allein. Ihre Erfahrungen – allein mit dem Halbwissen über den Krieg mit all seinen Begleiterscheinungen – machen sie fassungslos. Die Lage spitzt sich zu, die Schrecken werden größer. Aufgrund einer unliebsamen Entdeckung fühlt Mari sich auch nicht mehr sicher in ihrer Ehe, eher bodenlos und alleingelassen, und denkt daran, ihren Mann zu verlassen. Zuerst die Flucht in den Wald, zwecks innerer Suche nach sich selbst….Dann plant sie die Flucht nach vorne: – die Rückkehr in ihre Heimat Slowakei. Unter größten Hindernissen flieht sie mit ihren Kindern zu ihre Verwandten. Einen Ruhepol findet sie dort nicht, denn der Krieg wütet auch dort inzwischen mit aller Macht , auch auf der Straße: deutsche Wehrmacht gegen deutschfeindliche Kräfte. Also geht die Flucht mit den Kindern wieder zurück nach Frankfurt. Mari weiß, dass sie nur dort mit Ludwig und der Familie eine Zukunft hat, eine Entscheidung, die wohl einfach passiert ist unter dem Druck der Ereignisse… . In Frankfurt erwartet sie Bombenhagel, das Haus ist zwar halb zerstört, bietet aber trotzdem noch Wohnraum, bis Fremde und Alliierte durch die Straßen und Gärten ziehen und alles für sich beschlagnahmen und plündern, was sie ergattern können. Der Krieg scheint bald zu Ende zu gehen, es sind die letzten wütenden Zuckungen…
Mari kämpft für ihr Haus, den Wiederaufbau ihres Lebensraumes, für die Rückkehr von Ludwig und für die Befreiung ihres Bruders aus dem Lager in Mauthausen… Sie ist diejenige, die alles zusammenhält und ihrer Familie generationsübergreifend den Raum gibt, sich wieder zu begegnen und einen Neuanfang zu wagen. Nicht einfach, wo jeder mit seinen Traumata zu kämpfen hat, unverarbeitete Traumata als eine Dimension, die es den nachfolgenden Generationen so schwer macht, das Thema Krieg zu verarbeiten, zu verstehen und Schlüsse für das eigene Leben zu ziehen …. wo das Schweigen den größten Raum einnimmt und Frust und Zukunftsängste in heftige Wutausbrüche ausarten. Auch Claudia kommt wieder mit ins Spiel, wie sie Zuflucht nimmt bei der Großmutter Mari. Sie erlebt die Erwachsenen in ihren Emotionen, weiß letztendlich nicht, was diese antreibt zu ihren Ausbrüchen und Verhaltensweisen und versucht sich in einer Welt dazwischen auszuleben.
Das letzte Kapitel erscheint mir wie eine Metapher für die Existenzbedingungen der Menschheit. Benannte Perlen stehen hier möglicherweise für die Ressourcen der Länder , mit denen man sorgfältig und friedfertig umgehen muss. Auch wenn Feindseligkeiten zwischen den Menschen entstehen… „immer ein bisschen hinter die Tür gucken, wo das Leben verborgen ist….“ „Man soll eben niemals den Mut verlieren, immer findet man etwas Schönes und Gutes, Du musst es nur suchen und herausbuddeln, wo es sich verborgen hat“, so die Autorin.
Sylvia Schmieder gelingt es in diesem Roman, sensibel mit den Charakteren umzugehen, ohne diese zu bewerten bzw. in Gut und Böse aufzuteilen. Sie ist die Beobachtende, humanistisch und empathisch, wie sie sich in die Menschen hineinversetzt und versucht, sie zu verstehen, egal, in welche Richtung sie gehen und von welchen Emotionen sie getrieben werden. Sie schreibt in wunderbar farbigen Bildern: – Menschen und Situationen werden transparent , dort, wo sich Abgründe auftun und jeder um sein physisches, psychisches und soziales Überleben kämpfen muss. Ihre tiefgründige , und trotzdem so anschauliche Sprache erinnert mich an die jüdische Politologin und Philosophin Hannah Arendt (1906 bis 1975), die in ihrem autobiographischen Werk „Ich will verstehen“ etwas zum Ausdruck gebracht hat., woran sich auch der rote Faden dieses Romans bewegt: – nämlich das Verstehen im Sinne einer Suche zu begreifen, mit Beobachtungsgabe und Achtsamkeit die Hintergründe zu durchschauen und zu analysieren, die Dinge von allen Seiten ins Visier zu nehmen und sie so zu sehen, wie sie sind, ohne ihnen zu viel Bewertung beizumessen… Und ich glaube, eine solche Herangehensweise ist der Autorin tatsächlich gelungen und macht den Roman zu einem spannenden , vielschichtigen Zeitdokument. … gerade auch für die heutige Zeit, wo die Kriegsbereitschaft wieder so in den Vordergrund rückt.
In diesem Sinne ist der Roman absolut empfehlenswert!

Susanne Konrad zu „zusammen bleiben“, auf buecherfrauen.de:

Der Roman erzählt zwei Geschichten, die ineinander verwoben sind. Die Haupthandlung beginnt kurz vor 1939. Mari, die im Dreiländereck Ungarn-Slowakei-Österreich aufgewachsen ist und lieber Schriftstellerin als Hausfrau geworden wäre, ist ihrem Mann, der von der Nazi-Ideologie überzeugt ist, nach Deutschland gefolgt. Der Krieg bricht aus und das Land, aber auch die einzelnen Familien, trudeln ins Chaos. Mari erfährt, dass ihr Mann Ludwig, der als SS-Mann im Krieg ist, sie betrogen hat.
Der Titel „zusammen bleiben“ ist einer halsbrecherischen Zugfahrt zu Maris Eltern in die Slowakei geschuldet, wo die Mutter den Kindern im Gedränge einschärft, dass sie sich niemals trennen dürfen.
Protagonistin des zweiten Handlungsstrangs ist Claudia, Maris Enkeltochter, und Tochter von Klara, die als Kind die Schrecken des Krieges erlebt hat. Anhand dieser Figur vollzieht die Autorin die Ausläufer und Nachwehen des transgenerationalen Traumas bis in die Enkelgeneration nach. Am Ende gibt es überraschende Enthüllungen und Verknüpfungen zwischen den Zeiten.
Vom Anfang an haben mich die Bildhaftigkeit der Sprache und der Detailreichtum beeindruckt. Ein Lokalkolorit von großer Genauigkeit wird heraufbeschworen. Als Leserin gelingt es mir mühelos, mich in das Jahr 1939 hineinzubegeben, weil auch solche Fakten, über die andere Autoren hinwegspringen, präzise recherchiert sind und konkret benannt werden. “Zusammen bleiben” ist kein Buch, das sich rasch verkonsumieren lässt, dazu ist es viel zu dicht geschrieben. Man muss sich einlassen auf Sylvia Schmieders Erzählwelt, dann wird man mit emotionaler Spannung und auch mit großer Anschaulichkeit belohnt, die den zeitgeschichtlichen Wissensdurst anregt und auf viele Fragen nach dem Warum Antworten findet.
Susanne Konrad, Schriftstellerin und Dozentin für Kreatives Schreiben. https://www.susanne-konrad.de/

„zusammen bleiben“: Britta Röder in booknerds.de:

Sonntagskaffee bei Oma Mari. Im weitläufigen Garten in Frankfurt-Sachsenhausen kommt die Familie zusammen. Drei Generationen. Es wird gelacht und gescherzt, auch um die eine und andere Spannung zu überspielen. Doch hinter der Idylle offenbaren sich kleine Risse. Der Großvater verhält sich seltsam, wie immer eigentlich. Die heranwachsende Claudia kennt es gar nicht anders. Die Erwachsenen sprechen nicht darüber. Also wird es wohl normal sein.
Die Eröffnungsszene des Romans „zusammen bleiben“ präsentiert das typische Bild einer Familie in den 70er-Jahren. Der Krieg ist längst vorbei. Niemand spricht über die prägenden Erlebnisse dieser Zeit, obwohl die Spuren noch immer allgegenwärtig sind.
Geschichte, das zeigt Autorin Sylvia Schmieder in ihrem großen Familienroman „zusammen bleiben“, wirkt jedoch immer über ihre Zeit hinaus. Erlittene Traumata prägen Familien generationenübergreifend und so gerät auch die lange nach Kriegsende geborene Claudia in den Wirkungskreis der Vergangenheit.

Mit einem großen Schritt zurück führt Schmieder die Leser:innen in die zweite Handlungsebene, in die 1930er Jahre. Die gebürtige Ungarin Mari zieht ihrem deutschen Mann Ludwig zuliebe mit den gemeinsamen Kindern 1939 nach Frankfurt am Main. Ludwig will eine Schuhfabrik übernehmen. Doch die Wirtschaftslage ist schwierig und mit Ausbruch des Krieges werden die Pläne sehr schnell über den Haufen geworfen. Ludwig, der davon träumt Karriere zu machen, schließt sich der Waffen-SS an. Er ist viel unterwegs und Mari muss den Alltag mit drei Kindern quasi allein organisieren. Eine Aufgabe, die sie an ihre Grenzen bringt.
Schmieder beschreibt den Alltag ihrer Protagonistin auf mitreißende Weise. Maris Heimweh in der fremden Stadt, die zunehmend katastrophaler werdende Versorgungslage, die Belastung drei Kinder versorgen zu müssen, die Sehnsucht nach dem meist abwesenden Mann. Die Situation wird immer bedrohlicher. Die Autorin erzeugt große Empathie für ihre Protagonistin, die alles daransetzt, die Familie durch die schwere Zeit zu bringen.
Ihre Darstellung ist Geschichtsschreibung aus der Mitte heraus. Mari ist Teil ihrer Zeit. Sie besitzt keine Distanz zum Geschehen. Das Unbehagen den Nazis gegenüber empfindet sie nur am Rande und auch nur äußerst instinktiv. Maris Blick ist naiv; die Beklemmung beim modernen Leser über die von ihr eingefangenen Eindrücke wird dadurch umso größer.
Der Autorin gelingt das Kunststück, uns ihre Protagonistin nahe zu bringen, ohne sie zu idealisieren. Nie gerät sie in Versuchung, deren Tun zu relativieren oder zu entschuldigen. Es obliegt uns, den Leser:innen, die Handlungen Maris zu bewerten bzw. einzuordnen. Dabei macht uns Schmieder das Handeln ihrer Protagonistin leicht nachvollziehbar. Maris Mann ist als SS-Angehöriger aktiv an der Verfolgung politischer Gegner beteiligt. Das unvorstellbare Grauen, das die SS verursacht, wird nicht verschwiegen. Mari will sich dem jedoch nicht stellen. Die Taten ihres Mannes bis zur letzten Konsequenz fertig zu denken, würde ihre Ehe und letztendlich ihre Familie zerstören.
Sylvia Schmieder hat einen historischen Roman geschrieben, der auf vielen Ebenen begeistert. Der ereignisreiche Plot wird spannend wie in einem Unterhaltungsroman inszeniert. Ihre Akteure sind lebensnahe Charaktere, die sich keinen Klischees beugen. Die Autorin folgt nicht nur der großen Geschichte historisch zuverlässig, jede noch so kleine Alltagszene ist von ihr mit äußerster Akribie ausgestattet. So wird die Lektüre zur faszinierenden Zeitreise, bei der man sich u.a. auch durch das Frankfurt der Kriegsjahre bewegt. Durch die parallel angesetzte Handlung um Maris Enkeltochter Claudia, schlägt Schmieder immer wieder eine Brücke von der Vergangenheit in die Nachkriegszeit.
Maris Familie spiegelt eine Gesellschaft, die droht von größtmöglichen Gegensätzen zerrissen zu werden. Maris Mann ist bei der SS, ihr Bruder landet als Dissident im Straflager. Schmieder belegt eindrucksvoll, dass Geschichte nie wirklich abgeschlossen ist. Das Erinnern und Verarbeiten der Ereignisse bleibt als lebenslange Aufgabe bestehen. Opfer und Täter müssen nach Ende des Krieges ebenso miteinander leben wie die Mitglieder einer Familie, die auf unterschiedlichen Seiten standen. Schweigen und Verdrängen wird zum Teil der (Überlebens-)Strategie der Nachkriegsgesellschaft. Fluch und Segen zugleich. Auch hier überlässt uns die Autorin die Bewertung. Ihren Auftrag, uns einen Zugang zum Verstehen zu ermöglichen, hat sie am Ende des Romans meisterhaft erfüllt.
Große Leseempfehlung!

Berndt Schulz über „zusammen bleiben“:

Fortwollen und Bleibenmüssen
Sylvia Schmieders bewegender Roman „zusammen bleiben“

Schon der letzte Roman von Sylvia Schmieder „Saling aus dem Wald“ hat uns bewegt und angerührt. Das Buch nahm uns mit, dorthin, wo die Waldwesen, Verwandlungskünstler und Neugiertiere wohnen, es führte uns hinein in das Dunkel jenseits der Lichtungen. In ähnlichen Tiefen, nur hier die des menschlichen Zusammenlebens in gesellschaftlich katastrophalen Zeiten, ist das neue Werk der Autorin angesiedelt. „zusammen bleiben“ heißt das programmatische Porträt einer Zeit und einiger besonderer Menschen.
Mari, aufgewachsen im Dreiländereck Ungarn-Slowakei-Österreich, ist ihrem Mann Ludwig nach Deutschland gefolgt. Die Familie gerät in den Sog der NS-Ideologie und ihres zunehmenden Alltagsterrors, sie kämpft um ihr physisches und seelisches Überleben. Dann wird Maris Bruder als kritischer Journalist von der Gestapo abgeholt und der Horror jener Zeit, hier Frankfurt am Main im Jahr 1939, rückt immer näher.
Die Autorin Sylvia Schmieder, geboren in Frankfurt, lebend in Freiburg, versteht es mit ihrer bilderreichen Sprache als feinsinnige Beobachterin Menschen und Situationen bildnerisch herauszuarbeiten wie lebendiges Gewebe aus Holz oder Beton. Personen und Umstände bekommen Plastizität. Die Lesenden werden hineingezogen in eine packende Handlung hart an der Wirklichkeit entlang. Indem die Autorin Szenen aus dem Alltag herausgreift, kleine Momente und Episoden, die das Große im Kleinen zeigen, lotet sie die Untiefen der Lebensumstände aus, als Risse, die sich durch die Familie ziehen. Die 29 Kapitel plus ein märchenhaftes Schlusskapitel fügen sich am Ende zusammen und zeigen, wie fest, aber auch wie gefährdet, ja, wie zerrissen Familienbande unter dem Außendruck der Gegenwart werden können. Desto dramatischer, wenn die Familie in brutaler Zeit noch das einzig Tröstliche und Zuverlässige ist.
Dabei verfügt Sylvia Schmieder trotz allem Realismus des Blickes über eine Sprachkraft, die voller Poesie steckt. Es ist aber keine selbstgefällige Poesie, die nur auf sich selbst deutet, sondern sie gewinnt dadurch große erzählerische Kraft, die im Dienst tieferer Erkenntnisse der Umstände steht. Und sie tröstet gerade da, wo sie aus dem Schrecken des konkreten Geschehens kommt und diesen Schrecken beleuchtet: „So, aber jetzt komm, setze dich an meinen ausgebreiteten Mantel, wir fliegen ganz weit und schnell nach Amerika, wo gerade ein Mondschiff steht …“
Der Roman holt zunächst einmal aus. Er beginnt im Jahr 1972 in Großmutters Rosenfeld, wo das Mädchen Claudia mit ihren Eltern Mari und Ludwig und der restlichen Familie eines Tages ankommt und ganz von selbst in die ausgebreiteten Arme der Großmutter hineinsaust, wie ein Pfennig in einen Magneten – dieses Bild schenkt uns die Autorin. So schön kann man von Nähe erzählen: am Anfang überwiegend von der kleinen Claudia und ihrer liebenswürdigen Großmutter.
Dann geht es zurück in der Zeit. Kein Wunder, dass die eigentliche Protagonistin Mari sich von dort, wo sie gelandet ist, nämlich Frankfurt am Main im Jahr 1939, gleich wieder „wegdenkt“. Und das ist untertrieben, die Sehnsucht nach ihrer Heimat „hebt sie fast in die Luft“. Alles zieht sie nach Hause, Richtung Wien, Pozsony, Nagyszombat, doch sie ist Verpflichtungen eingegangen, ihre Familie zählt auf sie. Also bleibt sie.
Die erzählte Zeit zerrt an den Menschen, nimmt keine Rücksicht auf ausgewogene Lebensplanung. Es geht wieder vorwärts, der Roman dehnt sich nach allen Seiten aus. Die Zeit springt nicht nach den Bedürfnissen der Menschen, sondern nach den Plänen der Macht. Die Familie spricht nur ganz vorsichtig von „unserem neuen Zuhause“ – man weiß ja nie. Wir sind im Jahr 1954, dann 1970 oder wieder im Jahr 1972 angelangt und dann geht es eigentlich nur ein paar Jahre zurück, aber ganz weit zurück, wenn man die moralischen Grundsätze und Sicherheiten zwischen Menschen meint. Wir kommen wieder im Jahr 1939 an. Ein Jahr der Schrecken, von deren Ende noch niemand weiß.
Die Zerrissenheit, das Hin und Her zwischen Fortwollen und Bleibenmüssen, prägt als Grundmuster die folgende Handlung. Züge kommen an und fahren ab. Die Wehrmacht rückt im Osten vor, gerade sind die Truppen in die Slowakei einmarschiert, aber das ist nur eine Durchgangsstation. Mari würde am liebsten – wie einst Saling – in den Wald ziehen, in die Hohe Tatra beispielsweise. In dieser schrecklichen Zeit irgendwohin, ganz weit weg. „Man sollte gar nicht mehr unter Menschen leben“, denkt sie. Aber Menschen sind überall.
In kleinen, konkreten Szenen, genau gesehen und beobachtet, sprachlich kongenial wiedergegeben, erzählt die Autorin von Innenräumen und Außenstationen, von Menschen und den Begegnungen mit ihnen. Von der Familie und ihrer Schwerkraft. Das alles hält die Protagonistin am Ort fest. Doch die Sehnsucht nach „dem Anderen“ wird immer größer.
Und als die Familie dann wieder weiter muss, sind die Kinder erwachsener und vernünftiger als die Erwachsenen, irgendwie realitätsnäher. Die Großen seufzen unentwegt. Wissen sie nicht, dass jeder Seufzer einen Tropfen Blut aus dem Herzen entzieht? „Ich glaube, wir müssen jetzt los“, sagt einer, und das ist für den Moment gedacht, aber es beschreibt auch, im Subtext, die politische Lage. Denn die Familie kann in Nazi-Deutschland nicht bleiben, sie ist jetzt, wo überall inhaftiert und hingerichtet wird, gefährdet. Und wer sitzt nicht alles in „diesen Lagern“. Man spricht flüsternd davon, vorsichtig, will bestimmte Zustände gar nicht genau benennen. Maris Familie möchte sich mit sich selbst beschäftigen, aber was um sie herum geschieht, reißt sie auseinander. Der Bruder sitzt ja schon seit einiger Zeit „im Lager“. Hat jemand Nachricht von ihm? Nein.
Wir sind noch immer im Jahr 1939. Es wird höchste Zeit für die Ausreise. Noch schnell ein Stück unwiderstehlicher Apfelkuchen, dann geht es los. Der Zug bebt schon vor Bereitschaft, diesen Ort endgültig zu verlassen. Aber wo ankommen?
Der Roman assoziiert in diesen Kapiteln vor und zurück. Damit reflektiert die Autorin neben der erzählten Unruhe jener Jahre die Tatsache, dass jedes Individuum nie nur an einem einzigen Ort ist. Erinnerungen tauchen auf, Ängste auf das Morgen bezogen lassen die Gedanken fliegen. So schafft Sylvia Schmieder trotz der konkreten und auch spannenden Handlung ein fragiles Gewebe von Befindlichkeiten und Zuständen in einer höchst unsicheren Zeit. Eben tritt Mari noch ihrer Mutti gegenüber und empfängt ein Geburtstagsgeschenk, schon ertönen draußen laute Marschtritte – die Zeit ist aus ihren erträglichen und gewohnten Fugen. Die Autorin erzählt fast schmerzhaft genau davon. Wie ein Kind angeschaut wird und angelächelt wird von den Erwachsenen und es dadurch in „eine neue Höhe“ gehoben wird, ohne dies verstehen zu können. Und wie es dann auf die Straße tritt und stärker geworden ist, als es zuvor war. Wie fast gleichzeitig die Bomben fallen und das Kriegsgrauen tobt – und wie glücklich jemand ist, dass trotz allem ein Fenster heil geblieben ist, und nur einen einzigen Sprung hat.
In solchen Sequenzen zeigt sich Sylvia Schmieder als erzählende Autorin auf eine Art und Weise auktorial, also in der Perspektive „allwissend“, dass man als Lesender Bewunderung empfindet – für diese Sensibilität, für den nicht nur literaturtheoretisch sauberen, sondern vor allem menschenfreundlichen Fokus ihrer Perspektive. Erzählperspektive als Anteilnahme.
Fragile, gefährdete Welt, eine Zeit zum Verzweifeln: Als die Familie, von der erzählt wird, dann tatsächlich wieder in der alten Heimat ankommt, muss man gleich wieder in den Schutzraum unter der Erde. Mari verliert allmählich ihren Lebensmut, Ludwig will die kaputten Fenster abdichten, muss aber im Morgengrauen schon wieder an die Front, nach Italien. Noch ein Stück Brot mit Streichwurst – dann geht es los. Und in diesem ständigen Hin und Her geht schließlich die Heimat unter. Die Protagonisten sind erschöpft. Und desillusioniert. „Wenn etwas ist, buddelt ihr uns einfach aus“, sagt einer. So wenig Lebensmut steckt inzwischen in fast allen.
Und nach alldem? Beginnt nun eine Zeit wirklichen Friedens und der seelischen und physischen Erholung?
Nach dem Krieg finden sich die Überlebenden hier und dort und schließlich in Frankfurt am Main zusammen. Viel geschieht noch, es geht aufwärts und man versucht, „den verdammten Krieg“ zu vergessen. Aber da sind ja immer wieder die erinnerten Grauen der Konzentrationslager. Man versucht dennoch das zusammenzukehren, das übrigblieb und ruft auch die Urahnen dazu. Vielleicht sind die realen Wünsche aber nur in der Phantasie möglich. Und so erzählt im Sommer des Jahres 1970 eine Großmutter ihrer Enkelin ein Zaubermärchen, in dem die gute Fee Fantasia auftritt. „Es war einmal ein kleines Mädchen, … das wollte so gerne hinter die Türe gucken, wo das Leben verborgen ist …“ Und dazu muss es eine Reise antreten, die bis zum Mond führt, dorthin, wo tatsächlich Frieden herrscht. Vielleicht deshalb, weil aus den Mündern der Menschen keine Worte, sondern rote Perlen kommen.
Das Leben geht jedenfalls irgendwie weiter, es war letztlich stärker als der Tod. Die Familie kämpft zwar mit ihren Erinnerungen, versucht es aber mit einem neuen Heimatgefühl. Aber was ist in dieser Zeit, nach diesen Erfahrungen schon Heimat? Kein Ort. Nirgends.
Ungeheure Fliehkräfte. Doch die Familie bleibt zusammen.
Berndt Schulz

Ute Bales, Rezension von „zusammen bleiben“, März 2024:

Zusammen bleiben“ ist ein berührendes Portrait einer Zeit und seiner Menschen, das unter die Haut geht.
Unbedingt empfehlenswert.

Erstaunlich, was sich erleben lässt, wenn man die eigene Familiengeschichte durchforscht.

Sylvia Schmieder beginnt ihren 324 Seiten starken fulminanten Familienroman mit einer heiteren Szene: Die Großmutter breitet die Arme aus und Claudia, die Enkelin, rennt in sie hinein „wie ein Pfennig in einen Magnet.“ Diese beiden Frauen bilden die Klammer des Romans, der sich dann in 30 Kapiteln entfaltet. Die Großmutter Mari, die im Dreiländereck Ungarn-Slowakei-Österreich aufwächst, will Schriftstellerin werden. Ihr Mann Ludwig hat andere Dinge im Kopf. Die Nazis bieten ihm Perspektiven und Mari zieht mit ihrem Mann und den Kindern nach Frankfurt, bereut aber bald, ihm gefolgt zu sein. Es sind nicht nur der Krieg und Ludwigs Arbeit bei der Waffen SS, sie vermisst ihr Land und ihre Sprache. Als Ludwig eine Affäre beginnt, geht sie zurück in die Slowakei. Dort wird 1944 ihr Bruder Peter wegen seiner kritischen Berichterstattung als Journalist von der Gestapo verhaftet und nach Mauthausen verschleppt. Etwa zeitgleich beteiligt sich Ludwig an Massenerschießungen in der Ukraine.
Der andere Strang des Romans erzählt die Geschichte der Enkelin Claudia, die nicht nur von der Sprachenvielfalt der Großmutter fasziniert ist. Für sie ist die Großmutter ein Anker, eine „Menschenmischerin“, wie sie sie nennt, die sich, wie niemand sonst, auf die Kunst der Worte versteht. Wenn sich die Großmutter mit ihrer Familie unterhält, dann sind sie „die Familie mit den besonderen Wörtern“. Die Großmutter ist auch diejenige, die Kraft gibt: „Wenn sie sich umarmten, schossen Claudia die Kräfte nur so in die Glieder, dass sie gleich weiterlaufen musste, die Fäuste ballte und schrie ….“ (Seite 5) Eine der Schlüsselszenen des Romans findet sich gleich zu Beginn. Die Großmutter zeigt ihrer Enkelin, wie sie aus dem, was im eigenen Garten wächst, eine Kräuterolle macht: Sauerampfer, Petersilie, Pimpinelle, Schnittlauch, Estragon, Boretsch. „Die Rolle schmeckte scharf, sauer und bitter zugleich, sogar ein wenig Süße steckt in ihr – also schmeckte sie eigentlich nach allem … “ (Seite 11) Diese unterschiedlichen Ingredienzen versinnbildlichen die „Wildnis“ dieser verzweigten Familienkonstellation und Claudia spürt, wie sie beim Verzehr der Kräuterrolle „Teil des Undurchdringlichen, Unverständlichen wird.“ (Seite 12)
Was sich bei der Großmutter als sprachliche und emotionale Energie entlädt, sucht Claudia bei der eigenen Mutter vergeblich. In ihrem Verhältnis gibt es eine Leerstelle, die beide auf unterschiedliche Weise zu füllen versuchen. Die Mutter spricht kaum über Widerfahrenes, obwohl sie Krieg und Flucht erlebt hat. Aufopfernd kümmert sie sich um Claudias behinderten Bruder und spürt nicht, wie die eigene Tochter leidet und zusehends vereinsamt. Überhaupt bemerkt niemand die Nöte des Mädchens, selbst dann nicht, als Claudia eine Magersucht entwickelt. „Sie trank auch nur noch Wasser, das fiel gar nicht auf. Gar nichts von all dem fiel auf, wie immer, ihre Mutter hatte andere Sorgen, ihr Vater war bei der Arbeit oder spielte Klavier und ihre Geschwister verstanden nichts, ganz wie sie selbst“. (Seite 203).
Mit den Frauenfiguren ihres Romans gibt Sylvia Schmieder dem Krieg ein weibliches Gesicht. Auf gewisse Weise ist das Buch der Versuch, zwischen drei Generationen zu vermitteln. Indem die Autorin Szenen aus dem Alltag herausgreift, kleine Momente und Episoden, Streitereien und Wortwechsel, Sorgen, Nöte und verpasste Gelegenheiten, lotet sie gleichzeitig die Untiefen der Lebensumstände aus, das nicht zu Verstehende, das Unergründliche, die Risse, die sich durch die Familie ziehen. „Er steht langsam auf, zieht sich in sein ehemaliges Arbeitszimmer zurück und kramt in den Resten seines Bündels, dessen brüchige Schnur er gestern mit eine unheimlichen Mischung aus Seufzen und Stöhnen zerrissen hat.“ (S. 297)
Sylvia Schmieder erweist sich mit ihrer bilderreichen Sprache als feinsinnige Beobachterin: „Sie sieht einem Amselpärchen auf dem Rasen zu, wie es nasse Blätter beiseite wirft, Würmer pickt. Sie hört dem Wasserhahn zu, der tropft, aber ganz langsam, während es sich draußen einregnet. Es ist, als bekäme das Haus eine Gänsehaut.“ (Seite 83)
Der opulente Roman, akribisch recherchiert, zeigt die Auswirkungen der NS-Zeit bis in die dritte Generation und macht deutlich, dass die Geschichte von Nazi-Diktatur und Holocaust Menschheitsgeschichte ist. Niemand kann sich herausnehmen, jeder leidet für sich. Ganz besonders, wenn die Auseinandersetzung fehlt. Die Kapitel fügen sich am Ende zusammen und zeigen, wie fest, aber auch wie zerrissen Familienbande sein können.
Was Claudia betrifft, so ist am Ende klar: Ohne den Krieg und seine Folgen wäre aus ihr ein ganz anderer Mensch geworden. Was macht uns schließlich zu dem, was wir sind?
Im letzten Kapitel verneigt sich die Großmutter mit einem anrührenden Satz vor ihrer Enkelin: „Das war ja ein Stückchen Leben, du konntest es nur nicht richtig erkennen …“ (Seite 320)
„Zusammen bleiben“ ist ein berührendes Portrait einer Zeit und seiner Menschen, das unter die Haut geht.
Unbedingt empfehlenswert.
März 2024

„Saling aus dem Wald“: Große Lese-Empfehlung von Autorin Britta Röder aka @xlcoffeequeen auf booknerds.de und auf ihrem Insta-Buchblog:

Wie wäre es, wenn man direkt mit der Natur sprechen könnte?Würden Mensch u.Natur sich überhaupt noch verstehen?
In ihrem Roman verwandelt @sylvia_schmieder diese Gedanken in einen märchenhaft anmutenden Prosatext. Sie erfindet Saling, ein zauberhaftes Naturwesen, einen liebenswerten Gestaltwandler, der von Neugier getrieben den Weg in die Menschenwelt wagt.
Schmieder verzaubert ab dem ersten Satz. Ihre Prosa ist lautmalerisch perfekt komponiert. Ihre Beschreibungen lassen die Natur wie eine phantastische Szenerie erscheinen. Eine fremde magische Welt, in der alles lebt, alles atmet. Ein völlig intaktes in sich geschlossenes System, ohne Menschen.
Saling ist eine Figur, die sich leicht in die Herzen schreibt. Nie geht von ihm eine Bedrohung aus. Sein Tun ist völlig absichtslos. Ihn trägt kein menschliches Sendungsbewußtsein. Die einzige Weisheit, die er in sich trägt, ist die Natur selbst.
Schmieder lässt ihn exemplarisch auf verschiedene Personen treffen. Doch die Menschen begreifen Saling nicht oder interpretieren ihn falsch. Das führt zu Missverständnissen. Man reagiert mit falschen Erwartungen, Ängsten, Sensationslust u. Profitgier. Einzig der Kontakt zum Mädchen Mascha lässt – dank deren kindlicher Unvoreingenommenheit  – ein Gefühl der Nähe entstehen.
Die Botschaft Schmieders ist unmissverständlich: Nicht Saling ist der Fremde, der nicht in die Welt passt. Es ist der Mensch, der sich längst der eigenen Welt entfremdet hat. Der Mensch ist für sich selbst zur größten Gefahr geworden.
Ihrer Zivilisationskrikitk stellt die Autorin einen deutlichen Natur-Optimismus zur Seite. Sprachgewaltig erweckt Schmieder die Natur zum Leben. Die belebte Welt ist dabei mehr als nur zeitlos schöne Kulisse für die archaische Hauptfigur. Sie ist Ausgangs- und Endpunkt, nicht nur im Sinne der erzählten Geschichte. Und da sie die Zeit auf ihrer Seite hat, ist sie am Ende immer die Überlebende.
Die Natur braucht den Menschen nicht. Sie wird auch ohne ihn bestehen.
Danke @edition_federleicht

„Ist das normal?“
Sylvia Schmieder hat einen Gedichtband mit 47 „Freiburg Meditationen“ vorgelegt. Sie sind freundlich, aber nicht gefällig und oft überraschend.
Badische Zeitung, René Zipperlen, 12.05.2023
... Ulrich Birtels Illustrationen (die man als Lyrikkarten kaufen kann) kommen motivisch anheimelnder daher als ihre Texte, die oft mit abrupten Wendungen und ungewöhnlichen Bildern überraschen oder synästhetisch einen blassen Lerchensporn „schwungvoll glissandoviolett“ in der Sonne leuchten lassen … Schmieders Leitmotiv ist das Verweben von Natur und Stadtraum, von Beton und Mensch. Nicht immer gibt es klare Sieger, und sie setzt reizvolle Kontraste: Wenn etwa der Dreisamuferweg (in vier Jahreszeiten) unter der Morgensonne erwacht – und ein Jogger auf seinen Kugelbauch einredet (oder doch aufs Headset?). …
Die vollständige Rezension hier.

„Saling aus dem Wald“: Eine Exkursion in die Stadt
Lesetipp von Buchbloggerin @erlesenundgenaeht auf instagram
Saling lebt im Wald. Im wahrsten Sinne des Wortes im Einklang mit der Natur. Er liebt sowohl die Tiere als auch die Pflanzen dort. Saling ist in der Lage, sich in alle Lebewesen hineinzuversetzen. Er kann sich sogar in sie verwandeln. Eines Tages sieht er Menschen durch den Wald gehen. Und in ihm wächst der Wunsch, ebendiese zu erforschen. In der Stadt angekommen, stößt er auf Skepsis, Angst und Unverständnis, welches ihm die Menschen entgegen bringen. Er fühlt sich zunehmend unwohl in der Stadt und will zurück in den Wald. Wird ihm jemand helfen können?
Sylvia Schmieder erzählt in ihrem Roman „Saling aus dem Wald“ @edition_federleicht bildgewaltig und einfühlsam von der Begegnung Mensch und Natur, dem Fremden, wie es ist wenn einem Vorurteile entgegenschlagen und einem niemand glaubt. Der Roman ist einerseits eine Liebeserklärung an die Natur und gleichzeitig auch ein Spiegel unser modernen Gesellschaft, welche den Zugang, das Verständnis und den Respekt vor der Natur und dem Unergründlichen zu verlieren droht. Doch es gibt Hoffnung für Saling. Mir hat vor allem die 9-jährige Mascha in ihrer herzlichen, offenen und unbedarften Art gefallen. Im Gegensatz zu den Personen, die Saling eben nicht uneigennützlich helfen wollen.
Und damit ihr auch in den Genuss dieses Büchleins kommt, ist es anlässlich des heutigen Welttages des Buches meine Leseempfehlung für euch 🤗
Werbung unbezahlt, selbstgekauft

Liebe H.,
in meiner Autoren-Werkstatt ist eine Autorin mit zwei sehr schönen Texten, der ich Leser wünschen würde. Sie hat einen eigenen Ton, einen im besten Sinne befremdlichen Stoff und eine Entschlossenheit, die mir sehr gefällt. Kann sie mal ihre Texte bei Euch einreichen, oder was meinst Du?
Liebe Grüße aus dem Endlektorat ‚Lexikon der Liebe‘ (wird sehr schön, glaub‘ ich!) und von der Baustelle

Annette Pehnt
Autorin
http://www.annette-pehnt.de/

Durch saling hat meine eigene wahrnehmung der welt um mich herum eine spannende transparenzfläche bekommen. (…) auch sprachlich finde ich deinen text faszinierend! wie du salings lern- und anpassungsprozess als teil seiner (ver-)wandlungen auf der bezeichnungsebene abbildest, das ist schon sehr beeindruckend. auf den ersten seiten stellte sich bei mir gar ein gefühl der beklemmung ein, weil mir plötzlich selbst bestimmte begriffe nicht einfielen, die saling aus seiner neu eingenommenen perspektive fehlten. ich könnte noch vieles zu diesem faszinierenden buch schreiben und sicher werde ich noch mehr entdecken, wenn ich das buch bald noch einmal von vorn (oder in ausschnitten) lesen werde.
Dr. Gerd Bräuer
Pädagogische Hochschule Freiburg, Schreibzentrum (Geschäftsführung)
https://literacy-management.com


(…) Wir befinden uns im zehnten Kapitel des Buches, also ungefähr in der Mitte. Es ist, als berührten sich hier gleichsam Phantasie und Realität, die Sphäre des Wundersamen und die der Tatsachen. Wenige Seiten zuvor sinniert der Protagonist selbst: „Vielleicht dachte sich sein verrückter Salingkopf alles nur aus, was er sah, wirklich alle seine Erlebnisse und auch, dass er sich verwandeln konnte.“ (73) Sogleich folgt jedoch die interessante Aussage: „Aber wenn er sich nicht verwandeln konnte, war er nicht mehr der, der er war. Dann konnte er nichts, konnte sich nicht einmal selbst ausdenken – oder?“ (73)
Es dürfte sich bei diesem Kapitel um das Zentrum des Romans handeln, welches das gesamte bisherige und nachfolgende Geschehen ins Offene, Uneindeutige hebt ̶ dorthin also, wo das geistige Spiel seinen angestammten Platz in der Literatur hat, in unserem Fall die spielerische Auseinandersetzung mit der Frage der Identität, mit dem Gedanken der Veränderung, der Überwindung des Status quo sowie des Einsseins mit der Natur.
(…) Für wen ist dieser Roman geschrieben? Für alle, die sensibel genug sind, sich bezaubern zu lassen, und die gleichwohl den harten Boden der Wirklichkeit nicht ausblenden wollen. Für mündige Leserinnen und Leser, welche das Offene und die Mehrdeutigkeit zu schätzen wissen. „Das Lesen ist immer ein Umzug, eine Reise, ein Fortgehen, um sich zu finden“, befand der spanische Schriftsteller Antonio Basanta Reyes. Saling aus dem Wald ist in diesem Sinne ein treffliches Exempel geglückter Literatur und Leseerfahrung  ̶  wahrhaft ein jeu d’esprit!

Thomas Berger, Autor
https://www.autor-thomas-berger.de

Inzwischen habe ich Saling gelesen und finde, er hält, was der Anfang verspricht! Ein schönes, sensibles Buch, der Versuch einer Annäherung an das Mysterium des Waldes und der Natur (das ja auch in uns selbst steckt!). Ich mag auch den Humor und die leise Satire. Sprache und Inhalt sind sehr kongruent, das Wundersame, die Neugier auf die Welt und ihre Bewohner kommen gut raus. Dabei liest es sich schön flüssig und ist sowohl sprachlich als auch inhaltlich so einfach (aber nicht simpel!) gehalten, dass es bestimmt auch für Kinder und Jugendliche interessant ist. Vielleicht am allerbesten hat mir das Ende gefallen, wo nochmal eine ganz neue, auch versöhnliche (Erzähl-)Perspektive reinkommt.
Erik Wunderlich, Schriftsteller
https://www.kunststiftung.de/portraitdetail/erik-wunderlich.html

Schon das Cover von „Saling aus dem Wald“ ist gut gestaltet und lädt dazu ein das Buch in die Hand zu nehmen. Es handelt sich um eine wunderbare Geschichte, die Neugier weckt auf Waldwesen und Verwandlungskünstler, wie Saling einer ist. Unterstrichen wird das ganze durch einen guten Schreibstil, der einen nicht mehr so schnell loslässt. Wieder einmal gut gefallen haben mir die Figuren, die wir mit all ihren Stärken und Schwächen kennen und lieben lernen. 
Hiermit möchte ich mich nochmals bei der Autorin und dem Verlag bedanken, dass ich dieses zauberhafte Buch vorab lesen durfte.
Von mir gibt es eine klare Kauf- und Leseempfehlung.
Barbara in Lovelybooks

Anbei schicke ich Dir eine Besprechung Deines Erstlingsromans, den ich mit großem Interesse gelesen habe. Er ist doch so spannend, daß man dauernd weiterlesen will. Besonders gut gefiel mir der allmähliche Übergang von realen Vorgängen auf die surreale und fantastische Ebene. (…) Die fantastischen Begegnungen eines wandlungsfähigen Waldschrats mit den Menschen. Voller Mißverständnisse und hysterischer Reaktionen. Ein Naturwesen mit ursprünglichem Vertrauen in die Menschen wird immer wieder enttäuscht und mißhandelt. Die virtuellen Medien verstärken noch die hysterischen Reaktionen der Menschen ins Unermeßliche. Eine distanzierte Betrachtung menschlicher Reaktionen, gepaart mit genauer Naturbeobachtung.
Walter Bodenstedt, Grenzach-Wyhlen

In den Weihnachtsferien habe ich mit großer Freude Deinen Saling gelesen. (…) Ich bin auch eine große Liebhaberin des Waldes, aber mit Deinen Kenntnissen, Deinem Einfühlungsvermögen und Deiner Beobachtungsgabe übertriffst Du mich noch um viele Pilzgeflechtlängen. Und Deine Sprache ist immer wieder zum Verlieben schön.
Mir gefällt auch, dass Saling unbestimmt bleibt und nie ge- oder erklärt wird, wer er ist. (…) Du zeichnest Deine Figuren sehr stimmig, besonders nahe waren mir Mascha und Helmut. (…) Dein Saling ist keine leicht zu konsumierende Lektüre; immer wieder werden Erwartungen gebrochen und man muss sich frisch auf die Erzählung einlassen. (…) Unter anderem dadurch (und durch die Sprache und durch die kluge Liebe zum Wald) wirkt Dein Roman lange nach. Ich habe nach dem Ende gleich nochmal von vorne angefangen, um ihn noch einmal ohne innere Erwartungen an den Handlungsverlauf zu lesen, wie ich sie beim ersten Lesen hatte.

Astrid Ogbeiwi
Übersetzungen und andere Wortgebilde
www.ogbeiwi.de

saling aus dem wald: eine tolle geschichte über die menschen und wie sie sind, beziehungsweise auch wie sie wahrgenommen werden können. aus der sicht von saling kann man sehr genau erkennen, von innen und von aussen, was die menschen ausmachen kann. mich hat die geschichte beeindruckt und nachdenklich gemacht. empfehlenswert, lesenswert und etwas anders …
Anja Koenig in Lovelybooks

Saling nennt sich ein äußerlich undefinierbares männliches Etwas, das im Wald geboren wird, dort verendet und mehrmals wieder geboren wird. Es bzw. er kann sich verwandeln, wenn er andere Lebewesen länger anschaut und sich Details merkt. Saling will einmal raus aus dem Wald, um zu erfahren, wie die Menschen, die im Wald lediglich spazieren gehen, so leben und was sie antreibt. Er schafft es aus dem Wald hinaus, ist aber schnell frustiert. Er trifft verschiedene Menschen, die zum Teil aus Profitgier und Ansehenaufmotzung sein Vertrauen zu erschleichen versuchen. Aber nicht nur. Es gibt auch die anderen. Die Hilfsbereiten. Die mit Charakterfestigkeit.
In der Geschichte geht es um Neugier auf die Welt, Vertrauen, innere Stärke und Mut. Das Buch ist einfach zu lesen, fantasieanregend, berührend und emotional.

Janne Loy, Autorin, in Lovelybooks

Vielen Dank für Ihre Leseprobe. Ihr Text ist gut und interessant, spricht mich in seiner spirituellen Art auch an, ist nur im Moment leider nichts für uns. Sorry und alles Gute.
Patrick Zschocher
EINBUCH Buch- und Literaturverlag Leipzig
http://einbuch-verlag.de

Saling ist sehr außergewöhnlich. Ich mag seinen Blick auf die Welt. Er nimmt alles gelassen und wandert durch die Welt, nimmt alles hin ohne etwas gleich zu verurteilen. 
Obwohl man merkt, dass es ihm nicht so gut geht, seitdem er die Menschen besucht, finde ich es sehr erstaunlich, dass er immer noch diese Leichtigkeit hat und alles so optimistisch und unbeschwert sieht. Saling ist echt besonders.
Der Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen. Saling hat mich sehr berührt. Er ist ein tolles Wesen, das immer optimistisch ist und in den schlechtesten Situationen immer das Beste sieht. Eine Buchreise mit vielen Gedankengängen und verschiedenen Emotionen. Ich kann das Buch sehr empfehlen.

Mona8 in Lovelyboooks

Ich habe dieses Jahr eine 12.Klasse, und deren Aufgabe ist es, eine Abschlussaufführung zu präsentieren, auf der Bühne. Es soll also Sprache und Musik sichtbar gemacht werden. Auf der Suche nach passenden Gedichten hatte ich Ihr Gedicht „ist das normal“ auf der Seite „Unter dem Lyrikmond“ gefunden. Die Schüler hatten viele Gedichte zur Auswahl, aber eine Gruppe wollte unbedingt dieses nehmen, obwohl es nicht ganz einfach für sie war, einen Zugang dazu zu finden. Ich hätte vermutlich vorher fragen sollen, ob Ihnen das überhaupt recht ist, denn anders als bei anderen Dichtern leben Sie ja noch. Ich hoffe also, dass Sie nichts dagegen haben, denn die Aufführung ist schon kommenden Donnerstag. (…) Ich bin 52 Jahre alt, und mir kamen viele Stellen in diesem Gedicht als Gefühl sofort bekannt vor, und ich denke, dass es vielen der zuschauenden Eltern genauso gehen wird.
Gabriele F.
Lehrerin an der Waldorfschule Hamburg Wandsbek

Herzlichen Glückwunsch: Unsere Jury hat soeben einstimmig Ihren Text zum Text des Monats Dezember gewählt! Wir finden, dass er das Motto sehr gut trifft, und dass die knappe Form des lyrischen Dramas mit der geschilderten Arbeitswelt sehr schön übereinstimmt, respektive viele Bruchstellen schafft und dadurch auch Räume für Imagination eröffnet.
Dr. Isabelle Vonlanthen
Literaturhaus Zürich

Vielen Dank für deine Kommentare zu meinen Gedichten. Ich kenne wirklich niemand, nicht einmal meine Lieblingsschwester, die sie so gut erfasst wie du. In Bezug auf die anderen Texte gilt das genauso, doch da kennen sich auch die anderen Gruppenmitglieder ganz gut aus. Ich finde du hast enorme Fähigkeiten auf diesem Gebiet und ich freue mich so, dass ich in der Gruppe bin. Das wollte ich endlich mal gesagt haben.
Ursula Wieser
Fotografin und Autorin, Freiburg
http://www.wieserphoto.de

Zwar haben Sie einen wirklich wunderschönen, ansprechenden Schreibstil, und die Hauptfigur ist sehr gelungen, thematisch passt Ihr Werk jedoch leider nicht in unsere derzeitig angestrebten Programme.
Laura Künstler
Lektorat acabus Verlag, Hamburg
https://www.acabus-verlag.de

Im Namen der Schreibwettbewerb Jury des Literaturhauses wollte ich Ihnen ein kurzes Feedback zu Ihrem Text geben, den Sie für den Monat Februar eingereicht haben. Leider hat es für die Auszeichnung zum Gewinnertext nicht ganz gereicht, obwohl Ihr Text in die Endrunde gekommen ist. Dennoch hat sich Ihr Text durch das einfallsreiche Thema, in dem auch die Regenthematik auf besondere Art und Weise aufgegriffen wurde, und auch die einwandfreie Sprache von den meisten anderen Texten abgehoben. Wir sehen in Ihrem Schreiben und Ihren Ideen Entwicklungspotenzial und möchten Sie mit dieser Email auch dazu ermuntern weiterzuschreiben.
Delia Imboden
Literaturhaus Zürich
http://www.literaturhaus.ch/